Autor: Matthias Thomas
Veröffentlicht: Mai 2007
Der mittlerweile erreichte Standard und die weite Verbreitung von moderner Bildbearbeitungssoftware1) erleichtert nicht nur das Erstellen hochwertiger Karten und Abbildungen ungemein, unter den zahlreichen zur Verfügung stehenden Optionen, die diese Programme bieten, verbergen sich zudem einige echte Hilfsmittel zur Auswertung archäologischer Funde und Befunde.
Die im Folgenden vorgestellte Methode zur Berechnung von Flächenanteilen wurde eigentlich entwickelt, um den Anteil von sichtbaren Magerungsbestandteilen in einer Scherbe genau zu berechnen. Da dies jedoch schon ein sehr spezielles Problem ist und zudem aufwendige Vorarbeiten erfordert (sauberes Anschneiden der Scherben, Fotografieren aller Scherben im gleichen Maßstab), die im Normalfall nicht vorhanden sind, bietet sich eine andere Fragestellung als Beispiel an, nämlich die Berechnung der relativen Grabgrubenfläche.
Die Bestimmung der Größe einer Grabgrube unterliegt generell dem Manko, dass eine Größenberechnung in absoluten Zahlen nur möglich ist, wenn die Maße der Grube oder zumindest eine Planumszeichnung mit Maßstab in der Publikation des Grabes angegeben sind. Und selbst wenn dies der Fall ist, sorgen unförmige Grabgruben für große Schwierigkeiten bei simplen “Länge*Breite=Fläche”-Rechnungen. Hinzu kommt noch, dass diese Berechnungen zwar die Größe eines Grabes erfassen, nicht jedoch den tatsächlichen Arbeitsaufwand, der für die Bestattung des verstorbenen Individuums aufgebracht wurde. Eine 2m² große Grube für einen erwachsenen Mann anzulegen ist ein verhältnismäßig geringerer Aufwand als eine gleich große Grube für ein Kleinkind einzutiefen. Um diesen Unterschied zu erfassen, also um zwischen notwendig großen und nicht notwendig großen Gruben zu unterscheiden, empfiehlt es sich also, die Größe der Grube nicht absolut, sondern relativ zur Größe des Leichnams zu messen, das heißt den Anteil, den die Bestattung im Grab einnimmt oder umgekehrt den verbliebenen Leerraum. Diese Methode hat zudem den großen Vorteil, dass sie auch bei Grabgruben anzuwenden ist, deren Maße nicht bekannt sind. Wichtig ist nur das Vorhandensein eines Grabplans, auf dem die Grabgrubengrenze und der Leichnam eingezeichnet sind.
Solche Flächenberechnungen wurden bereits im Rahmen der Analyse der Grabfunde der Otomani-Füzesabony-Kultur erfolgreich durchgeführt2) (Thomas i.V.). Leider existiert aber auch bei der relativen Flächenberechnung das Problem extrem unförmiger Grabgruben, die das Setzen sauberer Messpunkte verhindern und alle Berechnungen ungenau werden lassen. Die Lösung dieses Problems verbirgt sich hinter einer Funktion von Photoshop, die eigentlich gar nicht für solche Zwecke vorgesehen ist: Das Histogramm3). Die entscheidende Anzeige, die das Histogramm beinhaltet, ist die Zahl der markierten Pixel. Somit lässt sich für eine beliebige Auswahl eines Bildes die korrekte Fläche in Pixel anzeigen, völlig unabhängig von der Form der Auswahl. Der relative Raumverbrauch eines Skelettes in einer Grabgrube lässt sich folglich ganz leicht berechnen:
Zunächst markiert man mit dem Polygonlasso so genau wie möglich die Grenze der Grabgrube. Das Histogramm liefert sodann die Fläche der Auswahl (der Grube) in Pixel4).
Danach entfernt man (mit gedrückter Alt-Taste bei gewähltem Polygonlasso) das Skelett so genau wie gewünscht5) aus der Auswahl und lässt sich erneut das Histogramm anzeigen. Die verbliebenen Pixel markieren den Leerraum im Grab, was man der Übersicht wegen in einen Prozentwert umrechnen sollte.
Bei dem Beispielgrab beträgt die Fläche der Grube 144858 Pixel und der Leerraum (bei exakt markiertem Skelett) 111077 Pixel. Die Fläche, die das Skelett einnimmt, beträgt folglich 33781 Pixel. In Prozentwerte umgewandelt nimmt das Skelett 23% der Grubenfläche ein. Die Grube ist folglich ca. viermal so groß, wie sie für die Bestattung in exakt dieser Hockerlage notwendig gewesen wäre.
Diese Methode lässt sich hervorragend auf andere Bereiche übertragen, einzige Voraussetzung ist das Vorhandensein der nötigen Bilddateien, was einen Scanner im Normalfall zwingend erforderlich macht. Die meisten Anwendungsbeispiele liegen sicherlich in der Auswertung von Plana und Profilen, seien es nun Häuser (z.B. Größe von Räumen, Anteil von Funden in einer bestimmten Schicht eines Profils, etc), Gräber oder sonstige Befunde. Doch auch bei Funden gibt es durchaus sinnvolle Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel ließe sich so die Größe der Durchbohrung eines Steingeräts in Relation zur Gesamtgröße berechnen oder – wie eingangs erwähnt – der Anteil der Magerung in einer Scherbe.
Abschließend herzlichen Dank an Dominik Meyer, der mir auf der Suche nach der Option, sich die Fläche einer Auswahl anzeigen zu lassen, den entscheidenden Hinweis mit dem Histogramm gab.