Die Linearbandkeramik

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Letzte Änderung: Juni 2008

Die (westliche) Linearbandkeramik, auch Linienbandkeramik, Bandkeramik oder kurz LBK genannt, ist nach der Linienverzierung auf ihrer Keramik benannt. Sie ist die erste neolithische Kultur Mitteleuropas und durch Ackerbau, Viehhaltung, typische Architektur (Häuser, Erdwerke), charakteristische Stein-, Silex- und Knochengeräte gekennzeichnet. Man darf wohl behaupten, dass sie eine der am besten erforschten vorgeschichtlichen Kulturen überhaupt ist. Nachdem wir Hinterlassenschaften der LBK in weiten Bereichen Mitteleuropas finden (vgl. Verbreitung), ist es nahezu unmöglich, die vollständige Forschungsgeschichte dieser Kultur in den verschiedenen Ländern und mit zahlreichen Forschern aufzuzeichnen. Die Forschungsgeschichte für die einzelnen geographischen Regionen wird daher als jeweils eigener Unterpunkt angeführt (vgl. unten). Dem weiten Verbreitungsgebiet entsprechend ist die Literatur, die sich mit der LBK befasst, sehr umfangreich. Im Gegensatz zur hier besprochenen westlichen LBK existiert auch die sogenannte östliche oder Alföld-Linearbandkeramik, die in der ungarischen Tiefebene (Alföld) verbreitet ist.

Verbreitung

Die LBK entsteht wohl im nördlichen Balatongebiet Transdanubiens und im Bereich des Komitates Zala. Hier überschneidet sie sich in ihrer ältesten Phase mit der jüngsten Starčevo-Kultur. Siedlungen wie Szentgyörgyvölgy-Pityerdomb (Bánffy 2004), Vörs-Máriaaszonysziget (Kalicz/Virág/Biró 1998), Andráshida-Gébárti-tó (Simon 2002), Gellénháza-Városret (Simon 1996), Sármellek, Zalavár, Vonyarcvashegy, Révfülöp, Balatonszepezd und Balatonszentgyörgy (Kalicz 1980, Sági/Törőcsik 1989) erbrachten keramisches Material, das in Spät-Starčevo-Tradition steht, jedoch bereits frühbandkeramische Verzierung trägt und zeitlich zwischen die Starčevo-Kultur auf der einen und die älteste reine LBK auf der anderen Seite zu stellen ist.

Bereits in ihrer ältesten Phase nimmt die LBK ein gewaltiges Gebiet ein. Im Osten erreicht sie die Ukraine (Kotova 2003), im Westen reicht sie bis ans Ostufer des Rheins, vereinzelt sogar darüber hinaus. Linearbandkeramische Hinterlassenschaften findet man ab einer entwicklten Stufe in Polen, Rumänien, Ungarn, der Slowakei und Tschechien ebenso wie in Österreich, Deutschland und Frankreich sowie in Belgien und den Niederlanden.

Regionale Besonderheiten der LBK des Donauraumes

Totenritual

Die LBK kennt Körper-, Brand- und Teilbestattungen. Die Bestattungen finden sich zum Teil auf eigenen Gräberfeldern, teilweise innerhalb der Siedlungen und teilweise an “besonderen” Plätzen (Höhlen, Erdwerke). Die Grabgruben der auf Gräberfeldern Bestatteten sind in der Regel oval (hierzu und zum Folgenden z. B. Nieszery 1995; Peschel 1992). Die Toten wurden in Hockerlage und weitgehend NO-SW orientiert niedergelegt, daneben kommen aber auch abweichende Orientierungen vor. Wie auf vielen vor- und frühgeschichtlichen Gräberfeldern sind Kinderbestattungen unterrepräsentiert. Unklar muss bleiben, ob sie in geringerer Tiefe bestattet und daher ihre Gräber stärker Erosion und Bodenabtrag unterworfen waren, oder, ob sie anders bestattet wurden. Brandgräber waren in der Regel seichter eingetieft als Körpergräber und enthalten auch meist weniger Beigaben. Die auf einigen Gräberfeldern vorkommenden “Leergräber”, die keine Knochen, aber Gefäße oder deren Überreste enthalten, könnten darauf hinweisen, dass hier zunächst Verstorbene bestattet, zu einem späteren Zeitpunkt aber wieder ausgegraben und an einem anderen Ort niedergelegt wurden.

Körperbestattungen und Skelettreste können bisweilen auch innerhalb von Siedlungen gefunden werden (Veit 1996; Happ 1991). Brandgräber sind dagegen aus Siedlungen noch nicht bekannt geworden. Wie Siedlungsbestattungen zu bewerten sind, ist fraglich, sie lassen sich aber nicht mit bestimmten “Opferhandlungen” in Verbindung bringen. Ab und an kommen Bestattungen auch in Gräben von Erdwerken zutage. Bekanntestes Beispiel hierfür dürfte das Erdwerk von Herxheim sein. Auch im (verfüllten) Graben des Erdwerkes von Vaihingen an der Enz fanden sich Bestattungen.

Auch aus mehreren Höhlen sind Skelettreste bekannt geworden, etwa aus dem Hohlestein bei Ederheim, aus Hanseles Hohl bei Fronhofen und auch aus der wohl bekanntesten Höhlenfundstelle der LBK, der Jungfernhöhle bei Tiefenellern.

An dieser Stelle sei schließlich noch das Massengrab von Talheim erwähnt (Wahl/König 1988). Hier wurden 34 wohl gleichzeitig erschlagene Individuen aufgedeckt, die überwiegend im Liegen mit Flachhacken und Schuhleistenkeilen getötet wurden. Die Alters- und Geschlechtszusammensetzung macht wahrscheinlich, dass es sich um eine Sippe handelte.

Das Beigabenspektrum in der LBK ist außerordentlich reichhaltig, sowohl, was das Material, als auch, was die Morphologie betrifft (Becker in Vorb.; Nieszery 1995; Bonnardin 2003). Überreste von Tracht- und Schmuckgegenständen finden sich an vier unterschiedlichen Positionen. Im Bereich des Kopfes treten vor allem im Donauraum Süßwasserschnecken auf, die kranzartig oder in Reihen als Besatz eines Kleidungsstücks oder direkt im Haar getragen wurden. Am Hinterkopf kommen, ebenfalls wieder im Donauraum, Knochenkämme vor, die in Zusammenhang mit einer Frisur gesehen werden können (Nieszery 1995, 196-199). Im Halsbereich finden sich Überreste von Ketten in Form von Perlen aus unterschiedlichstem Material: aus Spondylus, Stein, Schnecken, Menschen- und Tierzähnen und deren Imitaten sowie aus Protularöhren und Dentalien. Im Hüftbereich finden sich häufig V-förmige und durchbohrte Spondylusklappen auf, die in der Regel mit einem Gürtel in Verbindung gebracht werden. Sehr selten treten stattdessen Knebel aus Geweih oder Knochen auf. Zuletzt seien Armringe aus Spondylus erwähnt. Bemerkenswert ist der Gebrauch von Spondylus, dessen Herkunft in der Adria oder der Ägäis zu suchen ist und der sicher einigen Wert besaß (Willms 1985; Siklósi 2004 bes. 9-24).

Siedlungswesen

Wichtige Untersuchungen zum Siedlungswesen der LBK sind sicherlich jene auf der Aldenhovener Platte im Rheinland. In jahrelangen Ausgrabungen wurden hier zahlreiche LBK-Fundplätze ergraben und in vielen Studien vorgelegt (vgl. die Fundplätze von Langweiler 2, 3, 8 und 9 sowie Laurenzberg 7, Niedermerz 3 und 4 etc. Zusammenfassend z. B. Lüning 1997). Hier wurden Siedlungen, Erdwerke und ein Gräberfeld ausgegraben und analysiert.

Derart großflächige Untersuchungen fehlen bislang für den Donauraum völlig. Einzelne Siedlungen der ältesten LBK sind in Ansätzen besser untersucht (vgl. die Siedlungen von Neckenmarkt und Strögen: Lenneis/Lüning 2001; Bicske: Makkay 1987). Für jüngere Stufen der LBK gibt es mehr Ausgrabungen und Publikationen, die einen Einblick in linearbandkeramisches Siedlungswesen im Donauraum erlauben.

Hausbau

Über den Hausbau sind wir aus zahlreichen ergrabenen Siedlungen gut unterrichtet. Nach P. J. R. Modderman (Modderman 1959 und 1970) werden bandkeramische Gebäude in verschieden große Typen eingeteilt, die aber, je nach den Erhaltungsbedingungen, oft nicht gut voneinander abgrenzbar sind. Der Standard-Grundriss eines bandkeramischen Hauses ist rechteckig, die Baustruktur ist ein Gerüst aus Pfosten, Pfetten und Rofen. Bisweilen treten Doppelpfostenreihen an den Außenseiten auf. Die Gebäude sind in der Regel etwa NW-SO orientiert und vierschiffig. Die einzelnen Schiffe werden durch quer verlaufende Pfostenreihen unterteilt. Oft wird der Nordwestteil eines Gebäudes außen von einem Wandgraben umschlossen. Funde von verbranntem Hüttenlehm lassen auf eine Bauweise der Wände aus Flechtwerk mit Lehmbewurf schließen. Bisweilen gibt es Hinweise, dass der Hüttenlehm verziert war (Bemalung erhalten in Mannheim-Wallstadt, Mannheim-Vogelstang, Schwechat und Hurbanovo: hierzu Fries-Knoblach 2009). Völlig im Unklaren sind wir über Art und Anzahl von Fenstern und Türen. Fraglich muss auch bleiben, ob wir bei den LBK-Häusern mit einer Mehrstöckigkeit zu rechnen haben. Nachdem LBK-Häuser offenbar oft gezielt an Hanglagen gebaut wurden, geht O. Rück davon aus, dass sie auf ihren Pfosten ganz oder teilweise vom Erdboden abgehoben zu rekonstruieren sind, und führt dafür als mögliche Gründe überdurchschnittliche Niederschläge sowie evtl. Windschutz, sonnenexponierte Lage, kürzere Wege zu den oberhalb der Siedlungen gelegenen Feldern etc. an (Rück 2004).

Neben Pfosten, die Hausbauten zugeordnet werden können, finden sich in jeder Siedlung der LBK unterschiedliche Arten von Gruben (ein Überblick mit Literatur bei Birkenhagen 2003, z. B. 144-153). So liegen entlang der Nordwestteile der Häuser zu beiden Seiten sogenannte Längsgruben, die möglicherweise der Lehmentnahme für den Bau der Wände dienten. Auch finden sich in Siedlungen oft große “Grubenkomplexe” unklarer Funktion. Einige Gruben werden wohl der Vorratshaltung gedient haben. All diese Objekte liefern den Löwenanteil des bandkeramischen Fundmaterials, denn nach der primären Nutzung einer Grube wurde sie oft mit Abfall verfüllt. Eine besondere Fundgattung in diesem Zusammenhang sind die sogenannten Schlitzgruben. Sie sind im Planum langoval und können bis zu 2 Meter unter die heutige Oberfläche nach unten reichen. Im Gegensatz zu vielen anderen Grubentypen sind sie auffällig fundleer. Ihre Funktion ist nach wie vor ungeklärt, es werden profane (Gerbegruben, Fleischlagergruben, Fallen für Raubtiere, Gruben zur Verankerung eines Windschutzes) und sakrale Deutungen in Betracht gezogen.

Die Menschen der LBK siedelten in Dorfanlagen, zu denen Häuser, Gruben, Zäune und Palisaden sowie Brunnen und auch Öfen gehörten. Es ist unklar, wie lang die Häuser bestanden. Eine sogenannte “Hausgeneration” wird mit etwa 25 Jahren angegeben, allerdings können bandkeramische Häuser bei entsprechender Instandhaltung sicherlich länger gestanden haben. Bei der weiträumig ergrabenen Siedlung von Bylany in Böhmen konnte nachgewiesen werden, dass die Siedlung innerhalb einer Mikroregion “wanderte” (z. B. mit weiterer Literatur: Pavlů 2000). Auf jeden Fall wurden fruchtbare Lössflächen und die Nähe zu Gewässern genutzt.

Brunnen

Nachdem 1990/1991 in Erkelenz-Kückhoven ein bandkeramischer Brunnen entdeckt wurde, bei dem noch drei konsekutive hölzerne Brunnenkasten erhalten waren, gelangte diese Befundgattung ins Licht der Aufmerksamkeit (Brunnen 1998). Derartige Befunde geben Aufschluss über Zimmermannstechniken und Konstruktionsmöglichkeiten und liefern mit ihrer Verfüllung oft gute Möglichkeiten, naturwissenschaftliche Untersuchungen (Botanik, Entomologie, Dendrochronologie) anzustreben. So fanden sich etwa Gefäße aus Holz und Rinde, Schnürungen aus Bast etc. Grundsätzlich sind Brunnen ohne bzw. ohne erhaltene Holzkonstruktion von etlichen Siedlungsplätzen bekannt geworden.

Erdwerke

Daneben kennt die LBK auch sogenannte Erdwerke. Es handelt sich hier um ein- bis mehrfache Grabenanlagen, die auch in anderen Kulturen vorkommen und teils von Pfostenstellungen begleitet sein können. Erdwerke treten seit der ältesten LBK auf und laufen bis in die jüngste LBK, ja bis in die nachfolgenden Kulturen hindurch (hierzu und zum Folgenden immer noch wegweisend: Kaufmann 1997). D. Kaufmann (1997) unterschied an Hand der vorhandenen oder nicht vorhandenen Innenbebauung drei verschiedene Typen (”Typ Köln-Lindenthal”, “Typ Darion”, “Typ Langweiler”). Bisweilen treten innerhalb der Erdwerke Gebäude, Gruben und Brunnen auf, andere sind hingegen bebauungsfrei. Welche Funktion diese Bauwerke innehatten, ist ungeklärt. Eine fortifikatorische Bedeutung kann sicher nicht bei allen Anlagen zur Anwendung kommen, da einige zahlreiche Lücken im Verlauf des Grabens aufweisen und andererseits Querschnitte durch die Gräben belegen, dass sie nicht in einem Zug angelegt wurden, sondern aus einzelnen, einander teilweise überschneidenden Gruben mit unterschiedlichem Profil bestehen. Innerhalb der Gräben treten bisweilen außergewöhnliche Funde auf. Es sei an dieser Stelle auf das wohl bekannteste Erdwerk von allen hingewiesen: das von Herxheim. In den Gräben dieses Erdwerkes lagen zahlreiche Skelette und Skelettreste, teils im Verbund, teils ohne anatomischen Zusammenhang, und Ansammlungen von Schädeln. Hinzu kamen Keramikfragmente und ganze Gefäße. Auch in anderen Erdwerken sind Skelettreste zutage gekommen. Früher wurden sie oft mit kriegerischen Auseinandersetzungen in Verbindung gebracht; der “Fall Herxheim” deutet jedoch eher auf ein spezifisches Totenritual hin.

Wirtschaftsweise

Neben Makroresten der üblichen Getreidearten Weizen, Gerste, Emmer, Einkorn sowie Erbsen, Linsen und Bohnen und Hasel, Schlehe und verschiedene Kernobstsorten, ferner Lein und Mohn (z. B. Kreuz 1990; Lüning 2000) geben Tierknochen Aufschlüsse über die Ernährung. Ihre prozentuale Zusammensetzung schwankt sehr stark von Fundort zu Fundort. An Haustieren kommen Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde vor. Wildtiere wurden teils wegen des Fleisches, teils aber auch wegen des Fells oder aus Gründen des Herdenschutzes gejagt. Das Artenspektrum umfasst Auerochse, Rothirsch, Reh, Wildschwein, Luchs, Biber, Hase, verschiedene Vögel und Fische (zusammenfassend: Lüning 2000).

Fundgut

Namengebend für die LBK ist ihre Keramik, die zum Teil mit geritzten Linien verziert ist. Das Formengut ist beschränkt: Häufig treten Schalen und Schüsseln, Fußgefäße (vor allem in der ältesten LBK), Flaschen und sogenannte Kümpfe (halb- bis dreiviertelkugelige Gefäße) auf. In der ältesten Phase der LBK sind sie zumeist flachbodig; ab der zweiten Phase treten vermehrt Rundböden auf. In der ältesten Phase sind die Gefäße meist mit organischem Material gemagert (Häcksel, Spreu), später werden auch Sand, Steinchen, Quarz, Schamotte etc. verwendet. Der Verzierungskanon ist in der ältesten Phase der LBK noch relativ einheitlich. Wir finden entweder rektilineare Motive, etwa Mäander, Dreiecke oder Vierecke, oder kurvolineare Elemente, hauptsächlich Spiralen. Im Donauraum entwickelt sich dann in weiten Teilen des Verbreitungsgebiets die sogenannte Notenkopfkeramik: ineinander gehängte Bogenmuster mit rundlichen Einstichen (”Notenköpfen”). Die jüngste Phase ist durch Keramik gekennzeichnet, die im Šárka-Stil (vgl. unten) bzw. im Stil der Želiezovce-Gruppe verziert sind. In der jüngsten Phase der LBK des Donauraumes wird, vor allem in der Želiezovce-Gruppe, Farbe verwendet, um die Keramik zu verzieren.

Neben der Gefäßkeramik kommen zahlreiche keramische Sonderformen vor. Hierzu sind zum Beispiel Sieb- und Miniaturgefäße, Spinnwirtel, Löffel, Schöpfer, Web- und Netzgewichte, “Altärchen” (vierfüßige Gebilde unklarer Funktion), Tonkugeln, -perlen und -scheiben zu nennen. Außerdem gehören in diesen Bereich auch anthropo- und zoomorphe Plastiken (Idole), Gefäße und Applikationen (Becker 2007 a; Becker 2007 b).

Das Silexmaterial umfasst zahlreiche Geräte und Waffen, darunter Kratzer, Endretuschen, Bohrer, Segmente, Trapeze, Pfeilspitzen, Klingen, Sicheleinsätze etc. (letztere auch mit Sichelglanz. Z. B. Gronenborn 1997 für die älteste LBK). Das Rohmaterial ist teilweise lokalen Ursprungs, teilweise wird es aber auch aus weit entfernt liegenden Räumen beschafft. Besonders augenfällig ist dies für die älteste LBK, wo in zahlreichen Siedlungen der auffällige transdanubische Radiolarit (Szentgál, Hárskút) auftritt. Es werden auch karpatenländischer Obsidian, Schokoladen-Feuerstein aus Polen, Hornsteine, Quarzite, Milchquarz und alpenländische Radiolarite verwendet (ebd. 105-119).

An Geräten aus Felsgestein liegen Reib- und Mahlsteine und Läufer, Hämmer, Äxte, Beile und Dechsel (auf Grund ihrer Form auch Schuhleistenkeile genannt) aus Sandstein, Quarzit, Granit und Amphibolit vor (vgl. zum Beispiel Bicske: Makkay/Starnini/Tulok 1996).

Knochen- und Geweihgeräte liegen aus fast allen Siedlungen vor, werden jedoch nicht so häufig analytisch untersucht wie etwa die Keramik. Es treten zum Beispiel Spitzen, Beinspateln, Meißel und Hacken (Makkay/Starnini/Tulok 1996) sowie Angelhaken, Glätter und Pfrieme auf (vgl. Lenneis 1999).

Chronologie und Beziehungen

Bereits seit H. Quitta (Quitta 1960) wird die Starčevo-Kultur als Vorläufer der westlichen LBK betrachtet. Er fand Parallelen in gewissen Gefäßverzierungen und –formen. Neuere Untersuchungen durch E. Bánffy und andere weisen auf eine direkte Übergangsphase zwischen beiden Kulturen hin (Bánffy 2004; Kalicz/Virág/Biró 1998; Simon 2002; Sági/Törőcsik 1989). Auch im Bereich kultischer Funde ergeben sich Ähnlichkeiten zwischen der Starčevo-Kultur und der LBK (Becker 2007 a; Becker 2007 b).

Die Entstehung der LBK ist jedoch wie für keine andere frühneolithische Kultur heiß umstritten. Die Literatur zu diesem Themenbereich ist mittlerweile sehr umfangreich geworden. Im Wesentlichen wird diskutiert, ob die Träger der LBK aus Südosteuropa einwanderten (Migrationisten) oder ob sich die einheimische spätmesolithische Bevölkerung über Vermittler eine neolithische Lebensweise aneignete (Diffusionisten) bzw. ob wir es nicht mit einer Mischung beider Modelle zu tun haben. Argumente für und wider die beiden Modelle stützen sich hauptsächlich auf Silexgeräte, bisweilen auch auf die Anthropologie. Die Diskussion wurde durch einen Aufsatz von A. Tillmann im Jahr 1993 neu angestoßen und ist noch immer in Gange. Wir nennen an dieser Stelle zusammenfassend die wichtigsten Autoren dieses Themenbereichs: Tillmann 1993; Kind 1998; Gronenborn 1999; Lichardus-Itten/Lichardus 2003; Mateiciucová 2003; Scharl 2004; Prien 2005, 324-338. Letztlich bleibt dieser Bereich wohl eine Art “Glaubensfrage”. Anthropologische Untersuchungen, besonders der Abgleich von DNA, könnten vielleicht neue Erkenntnisse bringen, doch fehlen große, aussagekräfte Serien von Gräbern aus der ältesten Stufe der LBK ebenso wie Gräber aus dem späten Mesolithikum.

In der ältesten Phase der LBK ähnelt sich die Keramik über weite Strecken hinweg. Gefäße beispielsweise aus der Ukraine sind, sowohl, was die Form, als auch, was die Verzierung betrifft, mit solchen aus dem Rhein- oder Elbegebiet austauschbar (kritisch hierzu jedoch Lenneis 2005). Bereits ab ihrer zweiten, vielleicht schon ab der späten ersten Phase, zerfällt die LBK in mehrere Regionalgruppen, die nach den großen Flusssystemen Europas als Donau-, Rhein-, Elbe-, Seine-, Oder- und Weichselgruppe bezeichnet werden (Lichardus-Itten 1980, 114; Zápotocká 1986). Es ist ein Desiderat der Forschung, diese Gruppen einmal an Hand von Verzierungen auf der Keramik deutlich voneinander abzugrenzen.

Schließlich geht die LBK in verschiedenen Nachfolgeerscheinungen auf. In Transdanubien folgen die Sopot-Bicske-Phase und schließlich die Lengyel-Kultur, die wir auch in Niederösterreich, Mähren, der Südwestslowakei und Polen finden. In Böhmen und Mitteldeutschland entwickelt sich die Stichbandkeramik, in Bayern ebenfalls die Stichbandkeramik und dann die sogenannte Gruppe Oberlauterbach bzw. das Südostbayerische Mittelneolithikum (SOB). In Südwestdeutschland, dem Elsass, Westdeutschland und schließlich auch im südlichen Mitteldeutschland finden wir nun den Kulturkomplex Hinkelstein-Großgartach-Rössen. In Frankreich folgt die Villeneuve-St.Germain-Gruppe, in Belgien die Gruppe Blicquy.

Die ältesten 14C-Daten für die erste Phase der LBK reichen bis um 5600 v. Chr. zurück (vgl. die noch nicht publizierten Ausgrabungen in Brunn, Niederösterreich). Mit ihren jüngsten Ausprägungen reicht die LBK bis in die Zeit um 5000/4900 v. Chr.

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Weiterführende Literatur

Literaturliste


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